Waffen – Hilfsmittel nicht nur fürs Training
Eines der Alleinstellungsmerkmale von Takemusu Aikido gegenüber anderen Kampfsport- oder Kampfkunstarten ist, dass wir von Anfang an Waffen in das Training einbauen. Wir unterscheiden zwischen
Bukiwaza – Waffentraining und
Taijutsu – unbewaffnetem Kampf, aber die grundlegenden Bewegungsmuster sind dieselben. Einer der Gründe, warum wir relativ viele raumgreifende Bewegungen mit den Armen / Händen und gestreckten Armen haben ist, weil diese Bewegungen ursprünglich von O-Sensei und Saito-Sensei (den Begründern von Aikido insgesamt und Takemusu Aikido)
mit Waffen in der Hand durchgeführt wurden.
Das Training mit der Waffe in der Hand erleichtert daher das Verständnis für die Logik hinter den Bewegungen, und schärft das Gespür für den eigenen Körper und die Balance, daneben dient es auch dem Muskelaufbau. Vor diesem Hintergrund ist es auch schon für Anfänger nicht nur empfehlenswert, sondern unumgänglich , mit Waffen zu trainieren.
Das Dojo bietet einen Fundus an Übungswaffen, die man zunächst „leihweise“ verwenden kann, dennoch sollte man sich überlegen, sich beizeiten eigene Waffen zu beschaffen.
Waffen im Aikido
Wir trainieren im Takemusu - Aikido mit den drei traditionellen Waffen
Bokken (Holzschwert, in Japan auch
Boku-to genannt),
Jo (Kurzstab) und
Tanto (Messer).
Warum eigene Waffen?
Eigene Waffen erleichtern die Kontrolle über die Waffe, und dies ist das Primärziel: Kontrolle. Wenn ich weiss, wie schwer mein Bokken ist und wie es ausbalanciert ist, kann ich mich mit der Zeit unbewusst darauf einstellen und mit dem (selbst-)Vertrauen trainieren, das ich meinen Partner bzw.
Uke nicht verletzten werde. Hierdurch kann ich mich auf meine eigene Technik konzentrieren. Wenn ich mich hingegen immer wieder „neu“ auf eine andere Waffe einstellen muss, ist erstens meine Kontrolle nicht so groß, und zweitens achte ich mehr auf die Waffe als auf mich selbst, was meine Fortschritte in der Technik verlangsamt. Man sollte daher versuchen, wenigstens immer das selbe „Leih-Bokken“ zu erwischen.
Das vorgesagte gilt für nicht nur für
Bokken , die grösstenteils standardisiert sind, wiewohl es unterschiedliche Stilrichtungen gibt. Bei
Jo-Stäben ist die Varianz noch viel größer: Ein traditioneller Jo-Stab ist ca. 127,5 cm (4
shaku ) lang und hat 24mm Durchmesser. Nach moderner Lehre sollte ein Jo-Stab indessen etwa so lang sein, das er unter die Achselhöhle des Aikido-ka reicht (bei mir sind das 140 cm, bei anderen bis zu 160 cm…), und Durchmesser bis zu 27mm sind erlaubt. Das erzeugt gewaltige Unterschiede im Gewicht und der Länge des Stabs, was durchschlägt auf das „Handling“ des Stabs und das Gefühl, das man vom Stab hat. Auch deswegen sollte man, finde ich, sich beizeiten für eigene Waffen entscheiden.
Fortgeschrittene Aikido-ka (Danträger) trainieren hingegen auch immer wieder mal mit getauschten Waffen, um zu erleben, wie das Ändern der Waffe das eigene Gefühl und die eigene Balance herausfordert. Anfänger, die noch die Technik lernen und festigen wollen und sollen (also auch ich), sind damit meistens eher überfordert.
Waffen beziehen
Durch das Internet ist es nunmehr unglaublich einfach und gleichzeitig unglaublich schwer geworden, sich die Übungswaffen fürs Aikido zu besorgen. Einfach, weil diverse Händler diverse Holzwaffen in diversen Qualitäten zu diversen Preisen bieten. Schwierig, weil Beratung durch die Händler fast unmöglich zu bekommen ist, daher hier einige Überlegungen von mir, wieder aus diversen anderen Aikido-Blogs zusammengetragen:
Update 2021-08-01: Schaut auch mal auf 武器用材木 « Zaimoku – Wood For Weapons. Eine Seite, der sehr detailliert, und, soweit ich das überhaupt beurteilen kann, auch sehr fachkundig die Vor- und Nachteile verschiedener Holzsorten für japanische Trainingswaffen diskutiert. Faszinierend zu lesen, leider nur auf Englisch.
ACHTUNG: Daneben möchte ich noch darauf hinweisen, dass alle "geeignet - ungeeignet" Einstufungen mit Vorsicht zu geniessen sind. Isu No Ki z.B. ist "nach der Papierform" nicht unbedingt ein ideales Holz für Waffen, das Gleiche gilt auch für Quitte, das dennoch ein traditionelles Holz für "Jogo de Pao" ist. Also möchte ich empfehlen, sich fachkundig beraten zu lassen; wo das nicht möglich ist, würde ICH mich für ein traditionelles Holz entscheiden.
Und nun?
Bokken können im Internet ab ca. € 25 Euro bezogen werden, das ist zu billig .
Wenn ich einen Bokken will, wer qualitativ ansprechend ist und nicht beim ersten Kontakt kaputt geht, sollte ich mindestens ca. € 40-€ 50 budgetieren, nach oben offen. Iwama-Ryu-Bokken kosten typischerweise ca. 5 € mehr, je nach Bezugsquelle. Mehr als 150 € ausgeben für etwas, was letzten Endes ein Stück Holz ist, würde ich allerdings auch nicht, es sei denn, ich suche z.B. ein besonderes Geschenk für jemanden. Das vorgenannte gilt auch für Jo-Stäbe.
Tantos, also Messer, kosten in der Regel 10-20 €. Das ist ausreichend, Tantos sind erheblich einfacher zu fertigen und normalerweise nicht so großen Belastungen ausgesetzt wie Bokken und Jo.
Ich würde empfehlen, alle drei Waffen aus japanischer Weisseiche zu besorgen, alternativ aus etwas preiswerterer japanischer Roteiche. Wenn ein lokales Holz bevorzugt wird, tendiere ich im Moment zu Hainbuche, will aber in Zukunft mal Hickory probieren, nur haben wir hier keine Erfahrungswerte. Wir werden berichten.
Ich rate dringend ab von Waffen aus Kirschholz, Ebenholz, Buche, etc. Solche Waffen sehen sehr schön aus, und man kann mit solchen Waffen auch Kata und Suburi üben, aber die Haltbarkeit ist nach der im Dojo vorhandenen (leidvollen) Erfahrung sehr gering. Es ist schade um das Geld, wenn ein wunderschön anzuschauendes Bokken aus Ebenholz beim zweiten „Vollkontakt“ bricht.
Es gibt bei vielen einschlägigen Händlern sog. Aikido – Starter – Sets, bestehend aus Bokken, Jo und Tanto. So einem die Holzsorte zusagt UND man mit dem Jo-Maß (fast immer die traditionellen 127,5 cm) zufrieden ist, macht man mit so einem Set in der Regel nichts falsch und spart in der Regel gegenüber dem Einzelkauf. Andere, die längere Jo benötigen, müssen getrennt bestellen.
Waffen pflegen und aufbewahren
Holzwaffen bestehen aus Holz (ach), und Holz arbeitet. Dementsprechend sollten Holzwaffen nach Möglichkeit immer gleichbleibendem Raumklima (Temperatur, Luftfeuchtigkeit) ausgesetzt sein, um in Form zu bleiben. Innerhalb eines Zimmers kann es, gerade im Winter, zu erheblichen Temperaturunterschieden kommen, je nach Höhe im Raum. Ein
Jo -Stab, der in der Ecke lehnt, ist daher am unteren Ende thermisch anders belastet als am oberen Ende.
Der Ratschlag eines Fachhändlers lautete daher:
Waffen im Dojo liegend lagern. Wenn Waffen zu Hause gelagert werden, dann liegend, z.B. unter dem Bett, das Schlafzimmer ist üblicherweise geheizt und nur geringen Schwankungen in der Temperatur ausgesetzt.
Auf GAR KEINEN FALL Holzwaffen im Sommer oder im Winter über mehrere Stunden im Kofferraum lassen, diese können hierdurch komplett verzogen werden (Anekdoten zufolge Hickory angeblich nicht...)
Update 2021-08-01: Waffenöl.
Nach längerer Suche nach geeigneten Ölen zur Pflege von Waffen bin ich inzwischen halbwegs fündig geworden. Wie immer war es "gar nicht so einfach"... . Vorneweg: Ich bin Dankbar für Korrekturen und Unterstützung von einem Profi, ich bin hier Laie.
Recherchiert habe ich danach, was für ein Öl denn benötigt wird, indem mich auf den Händlerseiten umgesehen habe. Leider sind die Empfehlungen durchaus unterschiedlich, so empfiehlt der "Bokken-Schreiner" Markus Heim etwas ganz anderes als z.B. der Seido-Shop. Tja... und nun?
Letztlich habe ich mal die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der diversen "Ratschläge" für mich zusammengetragen, herausgekommen ist folgende Liste:
Das Endergebnis hat mich etwas überrascht, denn
Ich war übrigens erstaunt, dass sowohl Ballistol als auch Kamelienöl sowohl für Metallwaffen (bei Ballistol Schusswaffen, bei Kamelienöl Iaidos) als auch für Holzwaffen empfohlen werden. Da ich meine wenigen Carbonstahl-Küchenmesser seit jeher mit Sonnenblumenöl einöle und auch das bis jetzt funktioniert hat, vermute ich, dass die Waffenhersteller schlicht bei dem Öl geblieben sind, dass sie bereits kannten und vermutlich herumstehen hatten.
Daraus folgt für mich, dass man bei Waffenölen nicht wirklich viel falsch machen kann. Im schlimmsten Fall muss man öfters nachölen, aber dass eine Waffe wegen "falschem Öl" kaputt gehen würde, habe ich noch nirgends gelesen (...oder postet das keiner, weil es peinlich ist?). Dementsprechend würde ich empfehlen, ein beliebiges für Menschen ungiftiges Öl zur Holzwaffenpflege einzusetzen. Aber ich lasse mich gerne eines besseren belehren.